[Serie] The Witcher

Spoiler für Staffel 1.
Die erste Folge fand ich mittelmäßig und war etwas irritiert, dass das die Einleitung zu dieser so mit Begeisterung empfangenen Serie sein sollte. Im Nachhinein finde ich es genau richtig, dass die erste Folge so gestaltet wurde, der Fall Cintras vorweg genommen wurde und man sich so darauf konzentrieren konnte, wie die Hauptcharaktere mit diesem Event verbunden sein könnten. Mit jeder Folge fand ich die Serie deutlich besser, den „Twist“ dieser Staffel mit den zu unterschiedlichen Zeiten stattfindenden Timelines schön eingeführt und aufgelöst, ohne, dass dieser zu viel Raum einnahm, denn das erzählerische Highlight war eindeutig als sich Geralt und Ciri endlich fanden (Bill Adama und Kara Thrace Vibes bei mir <3)

Für mich hatte die Serie am Ende genau die richtige Mischung zwischen klassischer, teils auch klischeehafter Fantasy und neuen Elementen. Schön finde ich, dass The Witcher auch von osteuropäischer Mythologie (Kikimora, Striga) beeinflusst ist und die Drehorte teilweise in Bulgarien und Polen sind. Die Dynamik zwischen Geralt und Jaskier (polnisches Wort für Hahnenfuß, also die giftige Pflanze mit den gelben Blüten, die sich ziemlich hartnäckig verbreiten kann…) nimmt Ernsthaftigkeit und Pathos raus, worunter sonst Erzählungen mit Manly-Man Figuren leiden.

Als in der ersten Folge das Hologramm-Playboy Mansion des alten Magiers Stregobor gezeigt wurde, fürchtete ich unnötige Boobfestivals wie bei Game of Thrones und war schon tierisch genervt. Zum Glück wurde es dann nicht wie bei Game of Thrones. Man merkte, dass mit Lauren Schmidt Hissrich eine Frau die Macherin der Serie ist und das war wirklich sehr erfrischend. Mit den weiblichen Charakteren bin ich sehr zufrieden, die starke, aber auch irgendwie gebrochene Yennefer („I want everything“, yeah me too) oder Ciri, die mal ängstlich, mal stark und mal furchteinflößend ist.

Vielleicht musste es ein shitty Game of Thrones geben, damit Serien wie The Witcher eine Chance haben und es besser machen können. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber ich bin ganz zuversichtlich, dass die Serie sich nicht zu einem ähnlichen Desaster entwickelt, zumal sie den schwersten Schritt (mehrere Kurzgeschichten halbwegs sinnvoll vereinen) schon geschafft hat und es nun geradliniger weitergeht.

[Film] The Babysitter

Auf Netflix kann man die 2017 veröffentlichte Horrorkömodie The Babysitter sehen, der Regisseur MgG dürfte einigen vom dem wenig überraschenden, etwas trashigen Netflixfilm Rim of the World bekannt sein. Der Plot von The Babysitter ist schnell erzählt: die äußert heiße Bee passt über ein Wochenende auf den zwölfjährigen Cole auf. Der Junge möchte wissen, was Bee eigentlich treibt, wenn er schon lange im Bett ist. Es ist nicht ganz das, was er sich vorstellte: Bee ist Anführerin eines satanistischen Kults.

The Babysitter ist ganz eindeutig ein Splatterfilm, der viele Klischees mitnimmt und stellenweise auf den Kopf stellt. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Aber der Film täuscht auch nie vor, dass er etwas anderes als reine Splatterunterhaltung sein möchte und das gelingt vor allem dank Samara Weaving als blutrünstige Babysitterin Bee. Daher, wer nicht viel mehr als einen lustigen Splatterfilm erwartet, wird zumindest unterhalten werden.

[Film] The Irishman

Das mehr als dreistündige Mafiaepos von Scorsese basiert auf dem Buch „I Heard You Paint Houses“, das vom Leben des Auftragmörders Frank Sheeran, im Film dargestellt von Robert DeNiro, erzählt.

Was ich persönlich an dem Film sehr interessant fand: den Kampf der Gewerkschaften gegen die reiche Elite, dazugehörend die Figur des Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino), der in Mafia-Geschäfte verstrickt war, sowie die Verwebungen der Mafia mit dem Kennedyclan, die laut Film sogar so weit gingen, dass die Mafia bei der Wahl JFKs eine große Rolle spielte. Ich finde dem Film hätte es sehr gut getan, wenn er seinen Fokus noch mehr auf diese Story gelegt hätte, zumal das Thema Gewerkschaften in den USA heutzutage sehr heiß sein dürfte.

Leider verliert sich The Irishman etwas im nostalgischen Old Men Festival (beachte: Italiener und Iren galten zu der Zeit nicht als Weiß/WASP). Altbekannte Schauspieler wurden digital jünger gemacht, anstatt die jüngeren Versionen anders zu besetzen. Dadurch sahen sie für mich nicht jünger aus, sondern wie operierte alte Männer.

Der Film brilliert dabei, seine Frauen mundtot zu machen und verpasst damit viel Potential, obwohl Franks Tochter prominent mit Anna Paquin besetzt wurde, und auch die jüngere Version, gespielt von Lucy Gallina, mit ihren stechenden Blicken schauspielerisch überzeugte. Ich musste die ganze Zeit an die Beziehung zwischen Tony Soprano und seiner Tochter Meadow denken, an die ikonische Szene in einer der ersten Folgen, wo sie fragt „Are you in the Mafia?“ und Tony amüsiert antwortet: „There is no Mafia“. Wo The Sopranos den Frauen etwas Platz bot, verfällt The Irishman in sehr altbackene Muster zurück und lässt höchstens die nörgelnde Ehefrau kurz zu Wort kommen.

Alles in allem ist The Irishman ein solider Drama-Film, der mich trotz seiner Länge selten langweilte. Mafiafilm-Nostalgiker dürften ihren Spaß haben. Der Film könnte auch etwas für Leute sein, die sich für die 60er Jahre der USA interessieren.

PS. Die Rezension von Marietta Steinhart/Die Zeit finde ich ganz gelungen.